Dem Herpes Zoster liegt eine Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus zu Grunde. Das Virus gehört zur Familie der Herpes-Viren. Die erste Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus führt zu Windpocken und erfolgt meist schon im Kindesalter. Varizellen können aber nicht nur Windpocken verursachen, sondern außerdem besonders im höheren Lebensalter eine Gürtelrose hervorrufen. Gürtelrose äußert sich häufig als streifenförmiger und oft schmerzhafter Ausschlag am Oberkörper. Die Erscheinungsformen der Gürtelrose können vielfältig sein. Um mögliche Komplikationen zu verhindern, ist es wichtig, die Symptome zu erkennen und frühzeitig eine Therapie zu beginnen.
Typisch für die Gürtelrose ist ein einseitiger streifenförmiger Hautausschlag. Im Gegensatz zu den Windpocken, die sich auf den ganzen Körper ausbreiten können, beschränkt sich der Ausschlag beim der Gürtelrose streng auf ein Hautareal, das auch als Dermatom bezeichnet wird. Ein Dermatom bezeichnet das Gebiet, das von einem Hautnerv versorgt wird. Da die Ausbreitung der Viren entlang der Nerven erfolgt, ist nur das von dem befallenen Nerven versorgte Hautareal vom Ausschlag betroffen. Sind mehrere Nerven befallen, kann das Areal entsprechend größer sein und bis zu drei Dermatome einer Körperhälfte betreffen. Am häufigsten ist der Ausschlag der Gürtelrose am Oberkörper lokalisiert. In dem betroffenen Bereich kommt es zur Hautrötung und es treten kleine Knötchen auf, die sich zu Bläschen weiterentwickeln. Diese platzen und verkrusten anschließend gelblich-braun. Außerdem sind die befallenen Stellen meist sehr schmerzhaft. Der Schmerz geht dem Ausschlag meistens circa vier Tage voraus und kann auch das einzige Symptom sein. In diesem Fall spricht man von einem Zoster sine herpete.
Zusätzlich kann das allgemeine Befinden durch die Gürtelrose beeinträchtigt sein und auch Fieber auftreten.
Auch wenn die Windpockeninfektion abgeheilt ist, verbleibt das Varizella-Zoster-Virus nach der Primärinfektion lebenslang im Körper. Die Viren ruhen in den Hinterhörnern der Spinalganglien. Dies sind Strukturen im Rückenmark, wo Schaltstationen für sensible Nervenzellen sitzen. Diese Viruspersistenz kann auch lebenslang asymptomatisch bleiben. Das körpereigene Immunsystem wird unter normalen Umständen mit dem Virus fertig, ohne es allerdings endgültig vernichten zu können. Wird das Immunsystem zu stark geschwächt, kann es zur Reaktivierung der Varizellen kommen. Die Viren gelangen über die sensorischen Hautnerven an die Oberfläche der Haut. Das Rückenmark ist segmental aufgebaut und so breiten sich die Viren meist entlang des sensiblen Nervens eines Segments aus. Dadurch entsteht das gürtelartige Bild, das zur Bezeichnung „Gürtelrose“ geführt hat.
An der Stelle, wo die Viren die Hautoberfläche erreicht haben, vermehren sie sich dann und rufen die unangenehmen Symptome hervor.
Die Ursachen für eine Immunschwäche sind vielfältig und manchmal auf den ersten Blick nicht gleich erkennbar. Grundsätzlich kann physischer und psychischer Stress das Immunsystem schwächen. Bei manchen Erkrankungen muss eine immunsuppressive Therapie eingesetzt werden, beispielsweise bei Autoimmunerkrankungen. Eine solche Therapie kann ebenfalls dazu führen, dass neue Infektionen auftreten oder dass Varizellen reaktiviert werden. Außerdem gibt es Erkrankungen, die das Immunsystem des Körpers schwächen. Ein Beispiel dafür ist AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome), bei dem Immunzellen des Körpers, so genannte T-Helfer-Zellen, von dem HI-Virus vernichtet werden. Eine weitere Ursache für eine endogene Immunschwäche kann auch ein bösartiger Tumor sein. In vielen Fällen lässt sich die Ursache für die Reaktivierung des Virus nicht feststellen, dennoch sollten schwerwiegendere zugrunde liegende Erkrankungen ausgeschlossen werden.
Die Infektionsgefahr ist zwar geringer als bei der Primärinfektion mit Windpocken, aber dennoch vorhanden. Während der Erkrankung an Windpocken kann es zur Tröpfcheninfektion weiterer Personen durch Husten oder Atemluft kommen. Dies ist während eines Herpes Zoster nicht der Fall. Dennoch enthalten die Bläschen das Varizella-Zoster-Virus und sind damit infektiös für Personen, die keine Windpocken-Infektion durchgemacht haben und auch keinen ausreichenden Impfschutz besitzen. Bei Ansteckung ungeschützter Kontaktpersonen kommt es dann nicht zu einer Gürtelrose, sondern zum Ausbruch von Windpocken als Zeichen der Primärinfektion mit dem Varizella-Zoster-Virus.
Zwei mögliche schwerwiegende Komplikationen des Herpes Zoster sind der Zoster ophtalmicus und der Zoster oticus, bei denen Hirnnerven betroffen sind. Die Viren ruhen nicht nur in den Spinalganglien im Rückenmark, sondern ebenfalls in Nervenzellen im Gehirn. Grundsätzlich kann die Gürtelrose somit an jeder Stelle des Körpers auftreten. Die häufigste Lokalisation ist aber der Rumpf.
Beim Zoster ophtalmicus kommt es zum Befall des ersten Astes des Nervus Trigeminus, dem fünften Hirnnerven. Wie bei einem Zoster im Thoraxbereich treten auch beim Zoster ophtalmicus Fieber und Hautausschlag auf. Die Hautveränderungen mit brennenden Schmerzen und Bläschenbildung finden sich hierbei im Gesicht. Die Problematik beim Zoster ophtalmicus liegt darin, dass es zu einer Augenbeteiligung kommen kann. Eine Entzündung der Bindehaut, der Hornhaut oder auch des Sehnerven können die Folge sein und im schlimmsten Fall zur Erblindung führen.
Auch die Hirnnerven Nummer sieben und acht, Nervus facialis und Nervus vestibularis können von der Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus betroffen sein. Dies führt zum Bild des Zoster oticus. Die stark schmerzhaften Bläschen auf gerötetem Grund treten dabei im Bereich der Ohrmuschel und des Gehörgangs auf. Der Nervus facialis innerviert die Gesichtsmuskeln. Im Zuge eines Zoster oticus können sie in ihrer Funktion beeinträchtigt werden und es kommt zur Facialisparese. Das heißt, dass die Gesichtsmuskeln zum Teil nicht mehr richtig arbeiten können. Sichtbar wird dies durch einen herunterhängenden Mundwinkel. Zudem kann die Augenbraue auf der betroffenen Seite nicht mehr gehoben werden. Wie auch bei einem Herpes Zoster im Rumpfbereich tritt der Zoster oticus meist einseitig auf und somit ist auch nur eine Gesichtshälfte betroffen.
Wird der Nervus vestibularis durch die Varizellen befallen, äußert sich dies durch Schwindel und Schwerhörigkeit.
Da die Komplikationen bleibende Schäden wie Taubheit oder Sehverlust verursachen können, ist eine schnelle und gezielte Therapie wichtig. Dies gilt auch für die Zoster-Encephalitis, bei der das Virus eine Gehirnentzündung auslöst, was eine weitere schwerwiegende Komplikation darstellt. Eine Gehirnentzündung kann zur Bewusstseinseintrübung und vielfältigen neurologischen Ausfällen und im schlimmsten Fall zum Tod führen.
Das klinische Bild lässt meist eine eindeutige Diagnose der Gürtelrose durch Herpes Zoster zu. Bei Verdacht auf Zoster-Encephalitis kann zusätzlich eine Untersuchung des Liquor cerebrospinalis erfolgen, der Flüssigkeit, die das Gehirn und das Rückenmark umgibt. Dabei können entweder das Virus direkt oder Antikörper, die sich gegen das Varizella-Zoster-Virus richten, nachgewiesen werden.
Bei Diagnose einer Gürtelrose wird eine antivirale Therapie eingeleitet. Dafür stehen verschiedene Präparate zur Verfügung. Da die Wirksamkeit der Medikamente im Verlauf der Gürtelrose abnimmt, sollte die medikamentöse Therapie so schnell wie möglich begonnen werden. Der Angriffspunkt ist die Vermehrung der Viren, die durch die Virostatika gehemmt wird. Für die Gürtelrose-Therapie von Erwachsenen werden derzeit Aciclovir, Brivudin, Valaciclovir und Famciclovir eingesetzt. Alle Präparate können in Tablettenform verabreicht werden. Die Therapie dauert in der Regel 7 Tage. Die Wirkstoffe sind grundsätzlich als gleichwertig anzusehen, wobei Aciclovir in Tablettenform in Bezug auf die Dauer zoster-assoziierten Schmerzes weniger effektiv wirkt als die anderen drei Wirkstoffe. Für Aciclovir besteht zusätzlich die Möglichkeit einer intravenösen Verabreichung, die effektiv wirkt und bei schweren Fällen des Herpes Zoster eingesetzt werden.
Herpes Zoster hat insgesamt eine sehr gute Prognose. Bei 70% der Fälle kommt es zur vollständigen Heilung ohne Spätfolgen. Bei 10-15% der Betroffenen tritt jedoch eine Post-Zoster-Neuralgie auf. Der vom Zoster betroffene Bereich bleibt auch nach Abheilen der Bläschen schmerzhaft. Der Schmerz wird als brennend oder bohrend beschrieben und kann auch attackenweise erscheinen. Nach der abgeschlossenen antiviralen Therapie kommen in diesem Fall weiterhin Schmerzmedikamente zum Einsatz. Da es sich um einen so genannten neuropathischen Schmerz handelt, werden neben den klassischen Schmerzmedikamenten auch Antidepressiva (z.B. Amitryptilin) und Antiepileptika (z.B. Gabapentin) eingesetzt, da sie diese Art von Schmerzen lindern können. Des Weiteren stehen lokale Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, wie z.B. eine Capsaicin-Lokaltherapie, bei der das betroffene Areal durch Aufbringen einer Capsaicin-haltigen Salbe desensibilisiert wird. Dadurch können sich die Schmerzen bessern.
Kommt es unter diesen Therapien nicht zu einer Remission innerhalb eines Jahres, werden die Schmerzen chronisch und die Heilungschancen sind gering. Dies betrifft ca. 25 Prozent der von einer Post-Zoster-Neuralgie betroffenen Patienten.
Grundsätzlich kann eine Gürtelrose nur nach einer durchgemachten Windpocken-Erkrankung nach Primärinfektion mit dem Varizella-Zoster-Virus durchgemacht werden. Um diese Infektion von vornherein zu verhindern, wird eine Impfprophylaxe im Kindesalter empfohlen. Diese kann entweder einzeln oder in Kombination mit der Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln erfolgen (MMR-V-Impfung) (Impfstatus immer im Blick).
Seit 2013 steht in Deutschland außerdem ein Impfstoff gezielt zur Vorbeugung gegen Herpes Zoster für Personen, die älter als 50 Jahre sind, zur Verfügung. Die Impfung gehört bisher nicht zu den allgemeinen Impfempfehlungen und wir daher von den Krankenkassen in der Regel nicht übernommen.
Siehe auch: Pressemitteilung von GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, August 2018: Neuer Impfstoff gegen Gürtelrose
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Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Gürtelrose. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.