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Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) kann sehr gut behandelt werden




Die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) kann zu vielfältigen Symptomen führen, viele der Schilddrüsensymptome sind sehr subtil. Gewichtszunahme, häufiges Frieren und Verstopfungen können ebenso hinweisgebend sein wie Antriebslosigkeit, depressive Verstimmungen und Unfruchtbarkeit. Die angeborene Hypothyreose kann zu schweren Entwicklungsstörungen führen. Es wird geschätzt, dass etwa jeder zehnte Mensch zumindest an einer anfänglichen Unterfunktion leidet. Frauen sind dabei etwa viermal häufiger als Männer betroffen. Der folgende Text erklärt, welche Ursachen zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen können und wie die Krankheit behandelt wird.


Was ist die Schilddrüse?


Die Schilddrüse ist ein hormonproduzierendes Organ. Sie liegt in zwei Lappen schmetterlinksförmig vor dem Kehlkopf am Hals. Normalerweise ist die Schilddrüse nicht sichtbar, manchmal lässt sie sich tasten. In der Schilddrüse können sich Knoten bilden und sie kann insgesamt vergrößert sein. Dann lässt sie sich auch von außen vergrößert tasten und in stärker ausgeprägten Fällen auch sehen. Eine stark vergrößerte Schilddrüse ist auch unter dem Namen „Kropf“ bekannt. Früher hatten aufgrund von Jodmangel viele Menschen, gerade im Süden von Deutschland (weit entfernt vom Meer), einen Kropf, da Jod vor allem in Meeresfürchten und Fisch vorkommt. Noch heute gehört deshalb oft ein Kropfband, welches den Kropf verdecken sollte, zu traditionellen Trachten aus dieser Region.


Welche Funktion hat die Schilddrüse?


Die Schilddrüse spielt eine entscheidende Rolle in allen Stoffwechsel-Prozessen des Körpers. Sie reguliert den Energieverbrauch und damit beispielsweise auch den Temperaturhaushalt. Darüber hinaus hat die Schilddrüse Einfluss auf das Zellwachstum und damit vor allem auf Gewebe, deren Zellen sich schnell teilen. Dazu gehören die Magen-Darm-Schleimhaut, Haare und die Haut.


Reguliert wird die Schilddrüse über Drüsen im Gehirn. Der Hypothalamus und die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) senden dafür Steuerhormone aus, darunter das TSH (Thyroidea-stimulierendes Hormon). Wenn zu wenige Schilddrüsenhormone im Blut sind, schüttet die Hypophyse mehr TSH aus. Wenn viele Schilddrüsenhormone im Blut sind, vermindert die Hypophyse ihre Aktivität und es wird weniger TSH ausgeschüttet. Ein wichtiger Bestandteil der Schilddrüsenhormone ist Jod, das natürlicherweise in Meersalz, Fisch und Meeresfrüchten zu finden ist, und mittlerweile fast immer dem Speisesalz künstlich zugemischt wird.


Wie äußert sich eine Schilddrüsenunterfunktion?


Bei einer Schilddrüsenunterfunktion gibt es zu wenige Schilddrüsenhormone im Blut. Dieser Mangel führt zu einem verminderten Energieverbrauch (Grundumsatz) der mit der Nahrung zugeführten Energie. Weil der Prozess der Unterfunktion meistens langsam eintritt, nehmen die meisten Betroffenen weiterhin unverändert viel Nahrung zu sich. Durch den so entstehenden Nährstoffüberschuss, nehmen Menschen mit Schilddrüsenunterfunktion häufig zu oder haben Probleme, Gewicht zu verlieren. Da dem Körper Energie fehlt, leiden Betroffene zudem häufig an Müdigkeit und einem Kälte-Gefühl. Oft klagen sie außerdem über reduzierte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit.


Schnell wachsende Gewebe werden durch die Schilddrüsenunterfunktion am regulären Wachstum gehindert. Dies äußert sich gegebenenfalls in brüchigem Haar oder einer rauen, trockenen, teigig veränderten Haut. Weil der Magen-Darm-Trakt nicht mehr ausreichend arbeitet, kommt es häufig zu chronischen Verstopfungen. Der Puls ist eher verlangsamt und der Blutdruck niedrig.


Die Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion können sehr subtil sein. Auch bei Antriebslosigkeit, depressiven Verstimmungen, Unfruchtbarkeit oder Potenzstörungen kann eine Schilddrüsenunterfunktion vorliegen. Es ist wichtig, an eine solche Diagnose zu denken, da eine Schilddrüsenunterfunktion gut behandelt werden kann.


Eine Sonderform stellt die angeborene Schilddrüsenunterfunktion dar. Direkt nach der Geburt sind die Kinder meist noch unauffällig, weil sie Schilddrüsenhormone ihrer Mutter im Blut haben. Dann fallen sie jedoch durch Trinkunlust, Verstopfungen, ein großes Schlafbedürfnis und Teilnahmslosigkeit auf. Körperlich lässt sich manchmal eine große Zunge oder teigige Haut erkennen. Eine unbehandelte angeborene Schilddrüsenunterfunktion kann zu schweren körperlichen und geistigen Entwicklungsverzögerungen führen. Aus diesem Grund wurde der Test auf eine Schilddrüsenunterfunktion dem standardisierten Neugeborenenscreening am dritten Lebenstag hinzugefügt. Erkennt der Test einen Mangel, können die Hormone künstlich zugeführt werden und das Kind kann sich normal entwickeln.


Welche Ursachen einer Schilddrüsenunterfunktion gibt es?


Weltweit ist Jodmangel eine der führenden Gründe für eine Schilddrüsenunterfunktion und ist die häufigste vermeidbare Ursache von mentaler Retardierung bei Kindern.


Hierzulande leiden vor allem Frauen häufig an einer Autoimmunthyreoiditis, dem sogenannten Morbus Hashimoto. Dabei greift das Immunsystem fälschlicherweise Zellen der Schilddrüse an, bis diese verkümmert und nicht mehr funktionsfähig ist. In anderen Fällen kann auch eine Entzündung, die beispielsweise durch ein Virus ausgelöst wurde, zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen.


Häufig muss aufgrund von Knoten oder anderen Veränderungen ein Großteil des Organs entfernt werden. Wenn der Rest der Schilddrüse nicht ausreicht, um genug Hormone zu produzieren, kann eine Schilddrüsenunterfunktion entstehen.


Seltener liegt die Ursache für die Unterfunktion eine Etage höher: Wenn die Hypophyse nicht ausreichend TSH produziert, bekommt die Schilddrüse nicht ausreichend Signale. Dadurch werden weniger Schilddrüsenhormone produziert und es kommt zu den oben beschriebenen Symptomen, ohne dass die eigentliche Schilddrüse beschädigt ist.


Wie wird eine Schilddrüsenunterfunktion diagnostiziert?


Der erste Test auf eine Schilddrüsenunterfunktion besteht zumeist in der Messung des TSH. Ist dieser Wert erhöht, gibt dies Hinweise darauf, dass im Blut zu wenig Schilddrüsenhormone zu finden sind. Die Hypophyse gibt der Schilddrüse mit der vermehrten Ausschüttung von TSH das Signal, mehr Hormone zu produzieren.


Ist der TSH-Wert erhöht, werden in der Folge die Schilddrüsenhormone bestimmt. Sind diese niedriger als der Normalwert, kann man von einer manifesten Schilddrüsenunterfunktion sprechen. Um die Ursache einer Schilddrüsenunterfunktion zu ergründen, können verschiedene Untersuchungen durchgeführt werden. Meist wird zuerst eine Ultraschall-Untersuchung der Schilddrüse durchgeführt, um nach Unregelmäßigkeiten, Knoten oder Veränderungen der Durchblutung zu suchen. Auch eine Szintigraphie kann helfen, die Aktivität der Schilddrüse darzustellen. Wird eine Autoimmun-Krankheit vermutet, kann speziell nach den Autoantikörpern der Schilddrüse im Blut gesucht werden.


Wie wird eine Schilddrüsenunterfunktion behandelt?


Die wenigsten Ursachen einer Schilddrüsenunterfunktion lassen sich direkt behandeln. Häufiger müssen Betroffene lebenslang mit künstlichen Schilddrüsenhormonen substituiert werden. Dafür wird meistens mit einer geringen Dosis Thyroxin gestartet und diese dann an die Bedürfnisse und Symptome der Betroffenen angepasst. In der richtigen Dosis ist Thyroxin gut verträglich, wird es überdosiert, kann es zu den Symptomen einer Schilddrüsenüberfunktion wie Schwitzen, Durchfall und schnellem Herzklopfen kommen.


Ist eine Schilddrüsenunterfunktion gefährlich?


Wie beschrieben, kann eine nicht entdeckte angeborene Schilddrüsenunterfunktion zu schweren Entwicklungsstörungen führen. Auch eine erworbene Unterfunktion kann im Ernstfall bis hin zum Koma führen, mit einem sehr langsamen Puls, verflachter Atmung und einem niedrigen Blutdruck.


Da die Schilddrüsenunterfunktion jedoch sehr gut behandelt werden kann, ist in den meisten Fällen nach der Diagnosestellung nicht mehr mit schweren Komplikationen zu rechnen.


Kann man eine Schilddrüsenunterfunktion verhindern?


Da Jod einer der wichtigsten Bestandteile der Schilddrüsenhormone ist, sollte jeder Mensch pro Tag etwa 200 Mikrogramm Jod zu sich nehmen. Schwangeren wird eine höhere Dosis von 230 Mikrogramm empfohlen. Säuglinge benötigen etwa 40 bis 80 Mikrogramm Jod pro Tag. In Tabelle 1 findet sich eine Auflistung des Bundesinstitut für Risikobewertung, des Jodbedarfs für verschiedene Alterklassen. Wird der Bedarf nicht durch Fisch und Salz gedeckt, sollte Jod zusätzlich zum Beispiel als Tablette zugeführt werden. Eine ausreichende Jodzufuhr kann nicht vor jeder Schilddrüsenunterfunktion bewahren, jedoch eine der wichtigsten Ursachen beseitigen.


Altersklasse Empfohlene Jodzufuhr
Säuglinge bis 4 Monate 40 μg/Tag
4 Monate bis 12 Monate 80 μg/Tag
Kinder 1 bis unter 4 Jahre 100 μg/Tag
4 bis unter 7 Jahre 120 μg/Tag
7 bis unter 10 Jahre 140 μg/Tag
10 bis unter 13 Jahre 180 μg/Tag
13 bis unter 15 Jahre 200 μg/Tag
Jugendliche und Erwachsene 15 bis unter 51 Jahre 200 μg/Tag
51 Jahre und älter 180 μg/Tag
Schwangere   230 μg/Tag
Stillende   260 μg/Tag

Ist eine Schilddrüsenunterfunktion vererbbar?

Da es unterschiedliche Gründe für eine Schilddrüsenunterfunktion geben kann, kann man nicht von einer generellen Vererbung sprechen. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass bestimmte Arten von Unterfunktionen, insbesondere die angeborenen und die autoimmunvermittelten Formen, zumindest eine genetische Komponente haben. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, an einer Schilddrüsenunterfunktion zu leiden, zwar steigt, wenn auch Verwandte betroffen sind – nicht jeder mit betroffenen Verwandten wird jedoch zwangsläufig an der Hormonstörung erkranken.


Quellen:

J. C. Moreno et al. "Genetic basis of hypothyroidism: recent advances, gaps and strategies for future research." Trends in Endocrinology & Metabolism, 2003, 14.7: S. 318-326.


A. Gottschalk: Schilddrüse. In: Frank Wappler, Hartmut Bürkle, Peter Tonner (Hrsg.): Anästhesie und Begleiterkrankungen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2011, S. 219ff.


J. Römmler, M. Reincke: Neues aus der Endokrinologie. Bayrisches Ärzteblatt, 2010. 5. S. 224-226. Online unter http://www.blaek.de/presse/aerzteblatt/2010/BAB_0510_224_230.pdf, aufgerufen am 18.01.2016


Von: R. Hörmann: Schilddrüsenkrankheiten. Leitfaden für Klinik und Praxis. ABW Wissenschaftsverlag, Berlin, 2005. S. 86ff.


Bundesinstitut für Risikobewertung. Fragen und Antworten zur Jodversorgung und zur Jodmangelvorsorg. 2012. Online: http://www.bfr.bund.de/cm/343/fragen-und-antworten-zur-jodversorgung-und-zur-jodmangelvorsorge.pdf, aufgerufen am 18.01.2016




Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Schilddrüsenunterfunktion. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.

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