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Durch Polymedikation gehen viele Medikamente Wechselwirkungen miteinander ein


Etwa 75 Prozent der Deutschen wird mindestens einmal im Jahr ein Arzneimittel von ihrem Arzt verordnet. Im Durchschnitt erhält jeder dieser Patienten sogar fünfzehn Arzneimittelverordnungen in einem Jahr. Viele Arzneimittel gehen Wechselwirkungen miteinander ein, wenn sie gleichzeitig eingenommen werden. Welche die wichtigsten Wechselwirkungen sind, wie man sie erkennt und wie man Gefahren durch Wechselwirkungen vermeidet.


Was sind Wechselwirkungen?


Als Arzneimittelwechselwirkungen bezeichnet man alle Interaktionen, die Arzneimittel miteinander eingehen, wenn sie gleichzeitig eingenommen werden. Die gleichzeitige Einnahme mehrerer Medikamente wird von Medizinern auch als „Polymedikation“ bezeichnet.


Durch eine Polymedikation kann die gewünschte Wirkung eines Medikamentes ausbleiben, abgeschwächt oder sogar verstärkt werden. Es kann außerdem vermehrt zu Nebenwirkungen (unerwünschte Arzneimittelwirkungen) kommen. Neben den klassischen Arzneimittelwechselwirkungen kann es auch zu Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Lebensmitteln kommen. Zu den Lebensmitteln, die am häufigsten mit Medikamenten interagieren, zählen etwa Alkohol und Milchprodukte.


Wie verarbeitet der menschliche Körper Medikamente?


Um zu verstehen, wie es zu Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten kommt, ist es wichtig zu wissen, wie der menschliche Körper Medikamente verarbeitet. Nur wenige Medikamente entfalten ihre Wirkung, ohne vorher vom Körper verarbeitet zu werden. Die meisten Wirkstoffe, die als Tablette verabreicht werden, werden vom Körper auf zwei Arten verstoffwechselt (metabolisiert):

  • First-pass-Metabolismus
  • Metabolismus in den Geweben

First-pass-Metabolismus

Der Begriff „first-pass-Metabolismus“ ist aus dem Englischen übernommen und bedeutet in etwa „Metabolismus des ersten Durchlaufes“. Gemeint ist eine erste Verarbeitung des Medikamentes in der Leber, bevor es den restlichen Körper erreicht. Denn alles, was wir über unseren Darm in uns aufnehmen, wird zuerst von unserer Leber „verarbeitet“, bevor es den Körper erreichen kann. In der Leber befinden sich viele Enzyme, die Stoffe umsetzen und den Medikamentenstoffwechsel so auf umfangreiche Art und Weise beeinflussen.


Metabolismus in den Geweben

Nachdem das Medikament in der Leber verarbeitet wurde und der Wirkstoff in den restlichen Körper gelangt, ist es möglich, dass das Medikament hier noch weiterverarbeitet wird, bevor es seine Wirkung entfalten kann.


Wie kommt es zu Wechselwirkungen zwischen Medikamenten?


Wechselwirkungen zwischen Medikamenten können in drei Gruppen unterteilt werden. Solche, die durch einen gesteigerten Abbau entstehen, solche die durch einen gehemmten Abbau entstehen und Wechselwirkungen, die zu keiner dieser beiden Gruppen gehören.


Wechselwirkungen, die durch den gesteigerten Abbau eines Medikaments entstehen

Manche Medikamente führen dazu, dass in der Leber vermehrt abbauende Enzyme produziert werden. Nimmt man nun ein weiteres Medikament zu sich, das von den gleichen Enzymen verarbeitet wird, wird dieses Medikament schneller abgebaut. Dadurch kann seine Wirksamkeit verringert werden. So kann etwa die Einnahme sogenannter Glukokortikoide, zu denen beispielsweise das Cortisol zählt, dazu führen, dass andere Medikamente schneller verarbeitet werden.


Wechselwirkungen, die durch den verringerten Abbau eines Medikaments entstehen

Genauso, wie Medikamente zu vermehrten Produktion abbauender Enzyme führen können, können sie diese Produktion auch hemmen. Dann kann es dazu kommen, dass Medikamente nicht mehr ausreichend in der Leber abgebaut werden. Ihre Wirkung wird verstärkt, es kann vermehrt zu Nebenwirkungen oder sogar Vergiftungen (Intoxikationen) kommen. Ein Medikament, dass abbauende Enzyme hemmt, ist beispielsweise das Lovastatin, das bei zu hohen Blutfettwerten verschrieben wird.


Wechselwirkungen, die zu keiner der beiden Gruppen gehören

Manche Wechselwirkungen treten auf, ohne dass Enzyme in der Leber beeinflusst werden. Lebensmittel, die viel Calcium enthalten (z.B. Milch und Käse) können etwa dazu führen, dass einige Antibiotika (bspw. Doxycyclin) nicht vom Darm aufgenommen werden.


Was sind die häufigsten Wechselwirkungen zwischen Medikamenten?


Acetylsalicylsäure (ASS, Handelsname Aspirin) und andere Medikamente

ASS gehört zu den in Deutschland häufig eingenommenen Medikamenten. Es handelt sich um ein Medikament ohne Verschreibungspflicht, deshalb sollte bei eigenständiger Einnahme besonders auf mögliche Wechselwirkungen geachtet werden.


ASS wird häufig zur Hemmung der Blutgerinnung („Blutverdünner“) eingesetzt. Die gleichzeitige Einnahme von Schmerzmitteln mit dem Wirkstoff Ibuprofen führt allerdings dazu, dass diese gerinnungshemmende Wirkung aufgehoben wird. Deshalb sollten Patienten, die ASS einnehmen, zur Schmerzstillung auf Medikamente mit dem Wirkstoff Paracetamol zurückgreifen.


Johanniskraut und Antibabypille

Johanniskraut ist ein in der Apotheke frei verkäufliches pflanzliches Arzneimittel, das zur Stimmungsaufhellung eingesetzt wird. Es kann allerdings die Wirkung der Antibabypille hemmen und sollte deshalb von Frauen, die mit der Pille verhüten, vermieden werden.


Antibiotika und koffeinhaltige Nahrungsmittel

Eine Gruppe von Antibiotika, die als Fluorchinolone bezeichnet werden, findet häufig in der Behandlung von Blasen- und Nierenentzündungen Anwendung. Da diese Medikamente darüber hinaus auch den Abbau von Koffein hemmen, kann es bei gleichzeitiger Einnahme zu Herzrasen und Schlafstörungen kommen. Kaffee, Grüner Tee und andere koffeinhaltige Getränke sollten deshalb bei der Einnahme von Fluorchinolonen unbedingt gemieden werden.


Grapefruit(saft) und Medikamente

Grapefruits enthalten eine Reihe von Pflanzenfarbstoffen, die den Namen Flavanoide tragen. Solche Flavanoide können die Wirkung vieler Medikamente, zum Beispiel von Schmerzmitteln, um ein Vielfaches verstärken und außerdem zu Nebenwirkungen der Medikamente führen. Es kann zum Auftreten von Bluthochdruck kommen, in besonders schweren Fällen auch zu Herzrhythmusstörungen.


Wie sollten Medikamente eingenommen werden, um Wechselwirkungen zu vermeiden?

Um die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Arzneimitteln zu vermeiden, sollte die Einnahme von Medikamenten unbedingt mit dem Arzt abgesprochen werden. Auch bei der Einnahme rezeptfreier Medikamente kann es helfen, den Hausarzt um Rat zu bitten, um die Arzneimittelwechselwirkungen zu minimieren. Viele Ärzte besitzen außerdem Computerprogramme, die auf große Medikamentendatenbanken zurückgreifen können. Mit Hilfe dieser Programme kann auch bei der gleichzeitigen Einnahme vieler Medikamente ein möglichst geringes Wechselwirkungsprofil erreicht werden.


Wechselwirkungen, die zwischen Medikamenten und Lebensmittel auftreten, lassen sich am besten durch eine korrekte Einnahme der Medikamente vermeiden. Soll ein Medikament beispielsweise „vor dem Essen“ eingenommen werden, heißt das, dass zwischen Medikamenteneinnahme und Nahrungsaufnahme mindestens 30 bis 60 Minuten liegen sollten. Bei einer Einnahme nach dem Essen beträgt der Abstand entsprechend 30 bis 60 Minuten nach Nahrungsaufnahme.


Bei Medikamenten in Tablettenform ist es wichtig, zusätzlich immer ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Es empfiehlt sich deshalb, die Tabletten mit einem großen Glas Wasser einzunehmen.


Viele Medikamente gehen Wechselwirkungen untereinander ein. Deshalb empfiehlt es sich, die Packungsbeilage eines Medikaments sorgfältig zu lesen und die Vorgaben zur Einnahme genau einzuhalten. Bei Fragen können Patienten immer auf ihren behandelnden Hausarzt oder ihren Apotheker zurückgreifen (Wechselwirkungscheck).





Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Wechselwirkungen. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.

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