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Borreliose: Manche Symptome einer Infektion treten erst lange nach einem Zeckenstich auf




Was steckt hinter einer Borreliose?


Der Stich einer Zecke kann zu Krankheiten wie der Früh-Sommer-Meningoencephalitis oder der Lyme-Borreliose führen. Die Borreliose ist die häufigste von Zecken übertragene Erkrankung in Europa. Manche Symptome einer Borreliose treten erst auf, wenn der Zeckenstich schon lange zurückliegt.


Die Borreliose wird auch als Lyme-Borreliose bezeichnet. Der Name geht auf den Ort Lyme in den USA zurück, wo man die Gelenkbeteiligung nach Zeckenstichen zuerst beschrieben hat. Die Hautveränderungen waren bereits zuvor bekannt. Das Erkennen unspezifischer Spätsymptome ist essentiell für eine adäquate Behandlung einer weit zurückliegenden Borreliose-Infektion.


Wie kommt es zu einer Borreliose?


Als Borreliose bezeichnet man ein Krankheitsbild, das von dem Bakterium Borrelia burdorferi hervorgerufen wird. Die Infektion ist überall in Europa möglich und kommt vor allem durch Zeckenbisse nach Kontakt mit Wildtieren oder Aufenthalt im Wald oder auch im Garten vor.


Schildzecken (Ixodes ricinus) dienen den Bakterien, den Borrelien, als Überträger. Da Zecken erst bei Temperaturen über sieben bis zehn Grad aktiv sind, ist die Gefahr von einer Zecke gestochen zu werden, in den Wintermonaten geringer und steigt von März bis Oktober an.


Welche Symptome können im Zuge einer Infektion mit Borrelia burdorferi auftreten?


Traditionell wurde der Verlauf einer Infektion mit Borreliose in drei Stadien eingeteilt. Da aber nicht jedes Stadium merklich auftritt bzw. zum Teil nicht erinnert wird, geht die Tendenz dazu, die Symptome nur noch in Früh- und Spätsymptome einzuteilen. Insgesamt ist das Spektrum der möglichen Beschwerden, die durch eine Borreliose hervorgerufen werden können, sehr breit. Es handelt sich um eine Multisystemerkrankung. Besonders häufig sind die Haut, Gelenke, Herz und das Nervensystem betroffen.


Was gehört zu den frühen Zeichen einer Borrelien-Infektion nach einem Zeckenstich?


Ein typisches Frühzeichen, dass der Stich einer Zecke zu einer Infektion mit Borrelien geführt hat, ist das Erythema migrans. Um den Zeckenstich bildet sich eine Rötung der Haut aus, die sich um die Einstichstelle kreisförmig ausbreitet und in der Mitte blasser ist. Die Rötung ist in der Regel nicht schmerzhaft, aber überwärmt. Sie tritt ca. drei bis 30 Tage nach dem Stich auf und bildet sich spontan zurück nach einigen Tagen oder Wochen. Zum Zeitpunkt des Auftretens des Erythema migrans ist die Infektion im Blut noch nicht nachweisbar. Die Diagnose kann hier nur anhand des typischen Bildes gestellt werden.


Dazu können auch grippeartige Symptome auftreten („Borreliose-Grippe“), bei der die Atemwege jedoch nicht betroffen sind. Es kommt oftmals zu Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Übelkeit und Müdigkeit.


Ein weiteres Frühsymptom, das jedoch eher selten vorkommt, ist die Lymphadenosis cutis benigna. Dabei handelt es sich um eine singuläre schmerzlose Lymphknotenschwellung, die sich durch einen bläulich-roten verdickten Lymphknoten äußert. Dies geschieht innerhalb der ersten zwei Monate nach Infektion. Der geschwollene Lymphknoten tritt am häufigsten am Ohr, an den Brustwarzen oder im Gesicht auf. Insgesamt betrifft dieses Symptom nur ca. zwei Prozent der Borreliose-Patienten und tritt häufiger bei Kindern auf. Durch die Borrelien-Infektion kann es zu Veränderungen im Herzmuskel kommen, die zu einer Entzündung des Herzens (Lyme-Carditis) führen können. Dadurch kann es zu Herzrhythmusstörungen kommen. Von der Lyme-Carditis sind häufiger Männer als Frauen betroffen. Sie tritt durchschnittlich 21 Tage nach Infektionsbeginn auf.


Eine typische Manifestation der Lyme-Borreliose, die sowohl im frühen als auch im späten Stadium der Erkrankung auftreten kann, ist die Lyme-Arthritis. Davon betroffen sind meist die großen Gelenke, insbesondere das Kniegelenk. Außerdem können Sprunggelenke, Ellenbogen-, Finger-, Zehen, Handwurzel- und Kiefergelenke betroffen sein. Die Schmerzen im Gelenk sind meistens asymmetrisch, das heißt, es sind in der Regel nicht beide Gelenke betroffen. Oftmals springen sie auch von Gelenk zu Gelenk. Neben den Schmerzen kann es auch zur Schwellung der betroffenen Gelenke kommen.


Mit welchen Symptomen muss in den fortgeschrittenen Stadien der Borreliose gerechnet werden?


Nach Wochen bis Monaten kann eine Neuroborreliose einsetzen. Zunächst äußert sich diese durch brennende Schmerzen, die von einer Nervenwurzel im Rückenmark ausgehen und oft in den Bereich des ehemaligen Zeckenstichs ausstrahlen. In über 90% der Fälle treten in dieser Zeit auch asymmetrische schlaffe Lähmungen und in über 60% außerdem Ausfälle der Sensibilität auf.


Typisch ist außerdem ein Befall von Hirnnerven, typischerweise des Nervus Facialis, die sich durch Lähmung von Gesichtsmuskeln äußert. Auch Augenmuskeln sind oft betroffen, sodass die Bewegung der Augäpfel gestört sein kann.


Bei Kindern werden häufiger Symptome einer Hirnhautentzündung beobachtet, die bei Erwachsenen seltener auftritt. Im Verlauf kann es zu einer Entzündung des Gehirns und des Rückenmarks kommen. Langfristig werden Störungen der Kognition, der Bewegungs- und Blasenfunktion und psychische Veränderungen beobachtet.


Ein Spätsymptom, das die Haut betrifft, ist die Acrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer. Dabei handelt es sich um eine bläulich-rote Verfärbung der Haut an den Streckseiten von Armen und Beinen oder an Händen und Füßen, die zu einer zigarettenpapierdünnen Haut führt. Im weiteren Verlauf können in den betroffenen Abschnitten Schmerzen in den Gelenken und Sensibilitätsstörungen auftreten. Es kommt zu einer derben Verdickung der zunächst dünnen, fältelbaren Haut. Die Acrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer ist ein sehr spätes Symptom der Borreliose und tritt im Durchschnitt zehn Jahre nach dem auslösenden Zeckenstich auf.


Wie wird die Diagnose einer Borreliose gestellt?


Die Diagnose kann je nach Phase der Infektion anhand klinischer Symptome, Blut- und Liquor (Hirnflüssigkeit)-Untersuchung gestellt werden. Im Frühstadium des Erythema migrans finden sich meist noch keine Veränderungen im Blut, sodass in diesem Stadium allein die charakteristischen Hautveränderungen ausschlaggebend für die Diagnose sind. Dafür ist es gut, die Einstichstelle der Zecke genau zu beobachten, um das Erythema migrans frühzeitig zu erkennen.


Nach etwa zwei bis vier Wochen lässt sich im Blut der Anstieg borrelienspezifischer Antikörper nachweisen. Der Antikörper-Anstieg kann jedoch auch ausbleiben, was eine Infektion nicht ausschließt. Außerdem ist es wichtig, eine Syphilis-Infektion auszuschließen, weil es zu Kreuzreaktionen kommt und somit laborchemisch fälschlicherweise auf eine Borrelien-Infektion geschlossen werden könnte.


Um einen Nachweis im Blut zu erreichen, wird zuerst ein Suchtest (ELISA) und zusätzlich ein Bestätigungstest (Western Blot) durchgeführt. Diese Zwei-Stufen-Testung dient einem sicheren Nachweis.


Bei Verdacht auf eine borrelienbedingte Hirnhautentzündung (Meningitis) können auch eine Liquorpunktion und ein Nachweis von Borrelien-Antikörpern im Liquor vorgenommen werden. Diese können bereits vor den Antikörpern im Blut ansteigen.


Die Diagnosestellung ist insbesondere in den Spätstadien der Borelliose durch die unspezifische Symptomatik und durch nicht immer klare Laborbefunde schwierig. Wenn die Gelenke von der Infektion mitbetroffen sind und es zur Lyme-Arthritis kommt, kann aus einem Gelenkpunktat eine Erregeranzucht und ein direkter Erreger-Nachweis mit Hilfe einer PCR erfolgen. Diese Methode lässt sich auch auf Hautbiopsien im Bereich des Erythema migrans oder der Acrodermatitis chronica atrophicans anwenden.


Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?


Da die Ursache der Borreliose eine bakterielle Infektion ist, wird eine antibiotische Behandlung durchgeführt. Bei Frühinfektionen beträgt die Dauer zwei bis drei, bei Spätinfektionen drei bis vier Wochen. Antibiotika der ersten Wahl sind hier Doxycyclin und Amoxicillin. Außerdem wird Cefuroximacetil eingesetzt. Diese werden als Tabletten verabreicht. Liegt eine neurologische Beteiligung vor, egal ob bei Früh- oder Spätsymptomen der Neuroborreliose, erfolgt die antibiotische Therapie über die intravenöse Gabe von Penicillin, Ceftriaxon oder Cefotaxim (Vorsicht vor Antibiotikaresistenz).


Heilt eine Borreliose folgenlos ab oder muss mit Langzeitschäden gerechnet werden?

Bei rechtzeitiger Therapie im Frühstadium der Borreliose liegen die Heilungsraten nahezu bei 100 Prozent. Je später die Diagnose gestellt und die Therapie eingeleitet werden, desto höher ist das Risiko, dass es zu persistierenden Beschwerden kommt. Davon sind insbesondere Haut, Gelenke und Nervensystem betroffen.


Kann man sich vor Borrelien-Infektionen schützen?

Bisher gibt es keinen Impfstoff, der zugelassen ist. Die Entwicklung eines geeigneten Impfstoffes ist schwierig, da es eine Vielzahl von Borrelien-Stämmen gibt und es bisher nicht möglich war, eine wirksame Schutzimpfung gegen alle verschiedenen Stämme zu entwickeln.


Eine prophylaktische Antibiotikatherapie nach Zeckenstich wird nur in Sonderfällen empfohlen.


Deshalb bleiben als einzige wirksame Maßnahmen der Schutz vor Zeckenstichen und die sorgfältige Entfernung von Zecken nach einem Stich. Nach Aufenthalt in der Natur und insbesondere in Risikogebieten, sollte man sich gründlich auf Zecken absuchen.


Quellen:

Skotarczak, B. (2015). Why is there still no human vaccine against Lyme borreliosis?. Folia biologica, 63(3), 159-165.


Pancewicz, S. A., Garlicki, A. M., Moniuszko-Malinowska, A., Zajkowska, J., Kondrusik, M., Grygorczuk, S., ... & Dunaj, J. (2014). Diagnosis and treatment of tick-borne diseases recommendations of the Polish Society of Epidemiology and Infectious Diseases. Przeglad epidemiologiczny, 69(2), 309-316.


Robert Koch-Institut (RKI). RKI-Ratgeber für Ärzte. Lyme-Borreliose. 01.03.2013. http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_LymeBorreliose.html


AWMF-Leitlinien zur kutanen Borreliose AWMF-Leitlinien-Register Nr. 013/044




Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Borreliose. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.

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