Etwa sechs bis neun Prozent der Menschen haben Steine in ihrer Gallenblase (Cholezystolithiasis). Diese bestehen in den meisten Fällen aus dem Fettstoff Cholesterin. Gelangen die Steine an eine Engstelle der Gallenblase oder in den Gallengang, können sie zu Schmerzen, Entzündungen und einem Gallestau führen. Dann muss versucht werden, den Stein aus dem Gang zu entfernen. Wenn es nicht gelingt, die Steine medikamentös aufzulösen, wird meistens die Gallenblase entfernt. Der folgende Text erklärt, wie Gallensteine entstehen, wie sich eine Gallensteinkrankheit äußert und welche Therapiemöglichkeiten es gibt.
Die Galle ist eine Flüssigkeit, die sich aus verschiedenen Stoffen zusammensetzt. Sie hat mehrere Funktionen. Zum einen dient sie der Ausscheidung von schwer wasserlöslichen Substanzen und Blutabbauprodukten, z.B. dem Bilirubin. Außerdem hilft sie im Darm, Fette aufzunehmen. Galle hat eine grün-gelbliche Farbe. Sie wird von der Leber produziert und von dort in die Gallenblase geleitet, die in die Leber eingebettet ist. Dort kann Galle gespeichert werden und während einer Mahlzeit freigesetzt werden, um bei der Verdauung zu helfen. Über Gallengänge gelangt die Galle in den Zwölffingerdarm, den ersten Abschnitt des Dünndarms nach dem Magen. Den gleichen Ausgang in den Darm benutzen auch die Gänge aus der Bauchspeicheldrüse, die Verdauungsenzyme in den Darm leiten.
Ein Gallenstein ist eine verfestigte Masse in der Gallenblase oder im Gallengang. Diese Steine können einen Durchmesser von wenigen Millimetern bis zu einigen Zentimetern haben. Gallensteine können aus verschiedenen Stoffen bestehen. Am häufigsten sind Cholesterinsteine, die also aus dem Fett Cholesterin zusammengesetzt sind, zusammen mit Schleimstoffen, Proteinen, Gallensalzen und Kalzium. Daneben gibt es sogenannte schwarze Pigmentsteine, die aus Blutabbauprodukten bestehen und braune Pigmentsteine, die mit Entzündungen im Gallensystem zusammenhängen.
Es gibt mehrere Risikofaktoren, die die Gefahr erhöhen, an Gallensteinen zu erkranken. Dazu gehört das weibliche Geschlecht, ein Alter über 40, Gallensteine in der Verwandtschaft, mehrere Schwangerschaften bzw. Geburten, Übergewicht und ein hellerer Hauttyp.
Kinder erkranken nur sehr selten an Gallensteinen. Sind in einer Familie auch Kinder von Gallensteinen betroffen, sollte eine familiäre Fettstoffwechselstörung oder Blutfarbstoffstörungen ausgeschlossen werden. Der häufigste Gallenstein bei Kindern ist der schwarze Pigmentstein.
Sind Gallensteine nur in der Gallenblase, können sie sich dort meistens frei bewegen und führen zu keinen Beschwerden. Gelegentlich fallen sie zufällig auf, wenn ein Ultraschall vom Bauch gemacht wird. Schmerzen entstehen meistens erst, wenn ein Stein in den Gallengang eintritt (Choledocholithiasis). Die Gallenblase sowie die Muskulatur um den Gang verkrampfen sich in diesem Fall um den Stein und führen zu dumpfen Schmerzen, die meist über mehrere Stunden anhalten. Viele Betroffene berichten vor allem über Schmerzen nach dem Verzehr von fettigem Essen. Die Schmerzen können sowohl im rechten Oberbauch als auch in der rechten Schulter auftreten, weil diese beiden Areale den selben „Schmerzweg“ ins Gehirn nehmen. Zu den Schmerzen können außerdem Übelkeit und Erbrechen hinzukommen.
Verstopft der Stein den Gallengang, staut sich Galle in der Gallenblase an. Das kann zu einer Entzündung der Gallenblase (Cholezystitis) führen, die sich dann ebenfalls mit Schmerzen und Fieber äußern kann.
In seltenen Fällen kann ein Gallenstein den gesamten Dünndarm verlegen. Dann kann es zu einem Dünndarmverschluss, einem sogenannten Ileus, kommen. Symptome sind auch hier starke Bauchschmerzen.
Da keine Galle mehr in den Darm abgegeben wird, verliert der Stuhl seine typische braune Farbe und kann heller bis lehmgelb erscheinen. Da Gallestoffe vermehrt im Blut sind und über die Niere abgebaut werden, kann sich der Urin hingegen dunkel verfärben.
Es kann vorkommen, dass ein Gallenstein den gemeinsamen Ausgang für die Gallenwege und die Gänge aus der Bauchspeicheldrüse verlegt. Ist dies der Fall, können sich die Verdauungssäfte aus der Bauchspeicheldrüse zurückstauen und dort zu einer Entzündung (Pankreatitis) führen. Diese kann sich in gürtelförmigen Schmerzen bis in den Rücken äußern. Eine Pankreatitis kann außerdem zu Kreislaufstörungen führen und sollte schnell in einem Krankenhaus behandelt werden.
Der einfachste Weg, Gallensteine zu diagnostizieren, ist, eine Ultraschalluntersuchung des Bauchs durchzuführen. Ist die Diagnose nicht eindeutig, kann außerdem ein Röntgenbild des Bauches angefertigt werden. In einigen Fällen müssen aufwändigere Untersuchungsverfahren wie eine Computertomographie oder eine Magnetresonanztomographie mit Kontrastmittel in den Gallengängen durchgeführt werden.
Eine speziell bei dem Verdacht auf einen Gallengangsstein veranlasste Untersuchung ist die endoskopische retrograde Cholangiographie (ERC, teilweise auch endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie, ERCP). Dabei wird der Patient mit einem Beruhigungsmittel sediert und dann eine Schlauchkamera über die Speiseröhre und den Magen in den Zwölffingerdarm eingeführt. Dort wird Kontrastmittel in den Gallengang gespritzt, um zu sehen, ob ein Stein die Gänge blockiert. Das günstige an der ERC ist, dass sie gleichzeitig für therapeutische Zwecke genutzt werden kann.
Gallensteine, die nur zufällig entdeckt wurden, aber keine Symptome verursachen, müssen nicht behandelt werden. Haben die Steine jedoch bereits einmal zu Beschwerden geführt, wird eine Behandlung empfohlen, um spätere Komplikationen zu vermeiden.
Eine Gallensteinbehandlung kann in zwei Teile geteilt werden: Zum einen soll eine Akuthilfe begonnen werden, wenn ein Stein gerade einen Gang verstopft und zu Schmerzen führt. Der zweite Teil umfasst eine endgültige Lösung, damit keine Gallensteine mehr entstehen können.
Bei einem akuten Problem ist meist das Ziel, dem Stein einen Weg in den Darm zu ermöglichen, wo er dann problemlos ausgeschieden werden kann. Häufig wird hierfür die ERC verwendet. Mit einer kleinen Klinge kann der Ausgang des Gallengangs in den Zwölffingerdarm erweitert werden, sodass der Stein leichter herausgleiten kann. Eventuell kann mit dem Arbeitsschlauch der ERC auch mithilfe eines kleinen Körbchens der Stein geborgen werden. Gelingt dies nicht, können Laser- und Stoßwellenverfahren angewendet werden, um die Gallensteine zu zerkleinern und so ein Ausscheiden zu erleichtern.
Liegt eine Entzündung der Gallenblase vor, können entzündungshemmende Schmerzmittel das Fieber senken und die Beschwerden lindern. Antibiotika sind meistens nicht nötig. Möchte man Gallensteine auflösen, kann in manchen Situationen der Stoff Ursodeoxycholsäure verwendet werden. In den meisten Fällen wird Betroffenen empfohlen, die Gallenblase entfernen zu lassen, wenn sie gerade nicht entzündet ist. So können sich keine Gallenblasensteine mehr bilden. Die Operation wird in einer Schlüssellochtechnik durchgeführt, sodass keine großen Narben zurückbleiben. Die Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie) ist eine sehr häufig durchgeführte und risikoarme Operation. Der Mensch kann gut ohne Gallenblase leben, eventuell werden Fette jedoch weniger leicht verdaut und es kann nach einer Entfernung der Gallenblase häufiger zu fettigen Stühlen und Bauchbeschwerden kommen.
Da viele Gallensteine aus Fetten bestehen, ist es wichtig, auf eine gute Ernährung zu achten. Übergewichtige Menschen erkranken häufiger an Gallensteinen, meistens sind auch ihre Blutfettwerte nicht gut. Insbesondere tierische Fette, also aus rotem Fleisch oder Butter, sollten vermieden werden, ebenso der Genuss von zu viel Frittiertem. Werden Statine zur Senkung der Blutfettwerte eingenommen, kann dies auch das Risiko von Gallensteinen senken (Vitalwerte immer im Blick).
Körperliche Bewegung scheint das Auftreten von Gallensteinen zu vermindern. Menschen, die viel Zeit auf der Arbeit im Sitzen und zusätzlich ihre Freizeit in sitzender Position verbringen, haben ein erhöhtes Risiko, an Gallensteinen zu erkranken.
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen und der Deutschen Gesellschaft für Viszeralchirurgie: Diagnostik und Therapie von Gallensteinen. 2007. Online unter http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-008l_S3_Gallensteine_abgelaufen.pdf, abgerufen am 14.03.2016
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Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet lediglich allgemeine Hinweise und Beschreibungen zum Thema Gallensteine. Er eignet sich nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung und kann einen Arztbesuch auf keinen Fall ersetzen.